Ringvorlesung

Ringvorlesung

Vergangene Veranstaltungen


2023

Rechtliche Anforderungen an das autonome Fahren – wertebasierte Programmierung und Einhaltung der Verkehrsvorschriften - Dr. Dr. Hans Steege

Am 11.07.2023 fand erneut eine Veranstaltung im Rahmen der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ statt. Hierzu hatten der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Dr. h.c. Oppermann) zusammen mit dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) eingeladen.


Dieses Mal konnte Herr Dr. iur. Dr. rer. pol. Hans Steege als Referent gewonnen werden. Herr Dr. Dr. Steege ist im Bereich Datenschutz bei der Cariad SE, einer Volkswagen Group Company, tätig. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart für die Bereiche Autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz. Er ist u.a. Mitherausgeber der Zeitschrift für das Recht der digitalen Wirtschaft (ZdiW), der Zeitschrift Straßenverkehrsrecht (SVR) sowie des Handbuchs Künstliche Intelligenz.


Der Vortrag bot einen spannenden Überblick über die rechtlichen Anforderungen an automatisierte und autonome Fahrfunktionen aus dem StVG. Dort finden sich nach den StVG-Novellen 2017 und 2021 mit den §§ 1a ff. StVG sowie den §§ 1d ff. StVG Regelungen für das hoch- und vollautomatisierte sowie autonome Fahren. Der Referent ging repräsentativ auf die wertebasierte Programmierung von Fahrfunktionen und auf die Einhaltung und Programmierung der Verkehrsvorschriften ein. Die entscheidende Frage lautet dabei, wie sich eine wertebasierte Programmierung erreichen lässt bzw. wie Verkehrsvorschriften programmiert werden können.


Die StVG-Novelle 2021 ermöglicht das vollautomatisierte Fahren. Hierbei gibt der Fahrer die Fahrzeugführung auf ausgewählten Strecken an die KI ab. An den Betrieb eines solchen Fahrzeugs stellt das Gesetz bestimmten Anforderungen. Zum Beispiel muss das Fahrzeug die geltenden Verkehrsvorschriften einhalten. Auch hat das Fahrzeug bei einem Unfall und einer unvermeidbaren alternativen Schädigung unterschiedlicher Rechtsgüter die Bedeutung der Rechtsgüter zu berücksichtigen, wobei dem Schutz des menschlichen Lebens die höchste Priorität zukommt. Trotz der zahlreichen Vorgaben führen die gesetzlichen Regelungen aus Sicht des Referenten zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Als problematisch wird insbesondere die Dilemma-Situation angesehen, bei der derzeit nur einheitlich anerkannt ist, dass eine quantitative Abwägung von Menschenleben unzulässig ist.


Insgesamt hielt Herr Dr. Dr. Steege fest, dass der Regelungsgehalt der StVO nicht passend ist, was dazu führt, dass die Anforderungen in der Praxis kaum eingehalten werden können. Eine weitere Formalisierung des Straßenverkehrsrechts würde Abhilfe schaffen, erscheint jedoch aufgrund der unbestimmten Rechtsbegriffe nicht in vollem Umfang möglich. Problematisch sei zudem, dass sich autonome Fahrzeuge regelkonform verhalten müssen, während Menschen sich verkehrswidrig verhalten können. Dies könnte ggf. in der Praxis dazu führen, dass autonome Fahrzeuge zu Hindernissen werden.


Spannend waren auch die Ausführungen zu den Haftungsfragen, namentlich, wenn ein automatisiertes Fahrzeug in einen Unfall verwickelt wird. Eine besondere Haftung sieht die StVG-Novelle nicht vor, vielmehr richtet sich die Haftung nach den Vorschriften, die auch für nicht-automatisierte Kraftfahrzeuge gelten (§ 7 StVG, § 18 StVG, § 823 BGB). Denkbar ist jedoch eine Differenzierung in Bezug auf den Sorgfaltsmaßstab. Bei autonomen Fahrzeugen, also bei Fahrzeugen, in denen die Fahrfunktion vollständig und während der ganzen Fahrt von der KI übernommen wird, spielt zudem die Fahrerhaftung keine Rolle, die Halterhaftung hingegen bleibt bestehen.


Abgerundet wurde der Vortrag durch eine spannende Diskussion, in der insbesondere die Dilemma-Situation noch einmal aufgegriffen wurde. Hierbei wurde festgehalten, dass sich diese per se schlecht programmieren lässt und dass ggf. akzeptiert werden muss, dass es die perfekte Lösung nicht gibt. Auch wurde betont, dass an die KI keine höheren Anforderungen als an Menschen gestellt werden sollten. Außerdem wurde diskutiert, ob technische Standards und szenenbasierte Ansätze ggf. als Methode zur Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in den Straßenverkehrsvorschriften herangezogen werden können.


2022

Robot Justice - Übernimmt künstliche Intelligenz zukünftig die Rolle des (Schieds-)Richters? - Prof. Dr. Schroeder

Den Auftakt ins Jahr 2022 in der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ machte am 11. Januar 2022 Herr RA Hon.-Prof. Dr. Hans-Patrick Schroeder mit einem Vortrag über „Robot Justice - Übernimmt künstliche Intelligenz zukünftig die Rolle des (Schieds-)Richters?“, zu dem der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) zusammen mit dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) eingeladen haben.


Dr. Schroeder ist Rechtsanwalt in Hamburg und Honorarprofessor an der Leibniz Universität Hannover, der er auch als Alumnus verbunden ist. In seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist er spezialisiert auf Schiedsverfahren, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten und Folgestreitigkeiten nach Complianceverstößen. Technische Fragen der anwaltlichen und richterlichen Tätigkeit beschäftigen ihn in der Praxis bei der Auseinandersetzung mit Legal Tech und Plattformen zur Verfahrensabwicklung in Massenverfahren. An den grundsätzlichen Fragen der zunehmenden Technisierung von Zivilverfahren hat er aber auch ein wissenschaftliches Interesse, weshalb sich dieser Vortrag mit der (schieds-) richterlichen Entscheidungsfindung unter Zuhilfenahme von Entscheidungssystemen beschäftigt hat.


Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Herrn Prof. Dr. Oppermann führte der Referent in das Thema der Veranstaltung ein und erklärte zunächst den Begriff „Robot Justice“. Dabei handelt es sich um Systeme, die unter Einsatz von künstlicher Intelligenz bzw. Algorithmen eigenständig Entscheidungen treffen. Hierbei wird das System mit Daten gespeist, anhand derer Algorithmen Metaregeln entwickeln, auf deren Grundlage die Fälle entschiedenen werden. Abzugrenzen ist hierbei von Assistenzsystemen, die nicht als Entscheidungs-, sondern als Prognosesysteme fungieren. 


Bisweilen besteht die Erwartungshaltung eines möglichen Quantensprungs beim Einsatz von künstlicher Intelligenz und Big Data. Ob der Einsatz eigenständig arbeitender Systeme jedoch bedenkenlos ist und die Erwartung besserer, d.h. objektiverer und effizienterer Entscheidungsfindungen berechtigt ist, sollte im weiteren Verlauf des Vortrags erörtert werden. 

Tatsächlich werden weltweit künstlich intelligente Entscheidungssysteme bisher nicht genutzt. Veranschaulicht wurde dieser Befund mit Beispielen anhand von Deutschland, Estland und China. Zwar gibt es teils irreführende Berichterstattungen, doch machte Herr Dr. Schroeder deutlich, dass es sich bei Robot Justice gegenwärtig „nur“ um ein Gedankenexperiment handelt, zu dem Machbarkeitsstudien entstehen, das Stadium der praktischen Anwendung aber nicht erreicht ist.


Einem praktischen Einsatz von Entscheidungssystemen stehen jedoch technische und rechtliche Hürden entgegen. So wird die Berücksichtigung von Sprache und Kontext, von menschlichen Eigenschaften oder die Fähigkeit zur Beweiswürdigung durch die technischen Systeme noch nicht ausreichend beherrscht. Kritisch wurde auch angemerkt, dass die Systeme statt propagierter Objektivität durch fehlende menschlich-subjektiver Entscheidungsbeeinflussung im Gegenteil Diskriminierung verstärken können, wenn und soweit die von Algorithmen gebildeten und angewendeten Metaregeln aufgrund von diskriminierenden Daten entwickelt werden. Problematisch ist weiterhin die fehlende Transparenz der maschinellen Entscheidung.

Auch nach dem geltendem Recht wird Robot Justice in Deutschland, so der Referent, nicht einsetzbar sein, da die zivilprozessualen Normen einen menschlichen Richter voraussetzen. Selbst wenn man von einer Regelungslücke ausginge, wird aufgrund verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte der Einsatz von Robot Justice nicht zulässig sein. Ähnlich argumentierte Herr Dr. Schroeder mit Blick auf die Schiedsgerichtsbarkeit, deren Regeln ebenso die Entscheidung durch eine menschliche Person voraussetzen. Der Nutzung von künstlich intelligenten Assistenzsystemen steht der Referent jedoch aufgeschlossen gegenüber. Tatsächlich gibt es hier bereits Produkte, die jedenfalls insular genutzt werden.

Abrundend ging der Vortragende noch auf rechtspolitische Erwägungen ein, indem er etwa auf die Vorteile menschlicher Entscheidungen, rechtsstaatliche Aspekte sowie die Akzeptanz von menschlichen gegenüber automatisierten Entscheidungen einging. Schlussendlich gelangte Herr Dr. Schroeder zu dem Ergebnis, dass gegen den Einsatz von Robot Justice rechtliche und rechtspolitische Bedenken bestehen. Assistenzsysteme bieten jedoch nach der Ansicht des Vortragenden ein großes Potential.


Am Ende des Vortrags schloss sich eine lebhafte Diskussion an über methodische Fragen der Nutzung von künstlich intelligenten Entscheidungssystemen und die damit bedingte mögliche Verschiebung im Rechtsverständnis oder alternative Streitbeilegungssysteme von Unternehmen, sofern man diese als solche versteht, wie PayPal. Schlussendlich wurde deutlich, dass es sich bei Robot Justice nicht nur um ein rechtspraktisches, sondern auch um ein emotional aufgeladenes Thema handelt, bei dem nicht absehbar ist, wie die Zukunft aussehen wird. 


Apostolos Mitsios


2021

"Digitale Finanzmärkte - Analoges Recht?" - PD Dr. Dieckmann

Die Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ startete am 12. Januar mit einem Vortrag von PD Dr. Andreas Dieckmann mit dem Thema „Digitale Finanzmärkte, analoges Recht? – Zur digitalen Transformation des Kapitalmarktrechts“ in das Jahr 2021.


Dr. Andreas Dieckmann begann seinen Vortrag mit einer Bestandsaufnahme des einerseits voll elektronisch, also digital ablaufenden Wertpapierhandels und dem analogen Charakter des Kapitalmarktrechtes in Bezug auf die Übertragung von Wertpapieren als realkörperlichen Sachen andererseits. Auch wenn nach § 2 Abs. 1 WpHG die Eigenschaft als Wertpapier seine Verbriefung in einer Urkunde an sich nicht voraussetzt, sind Wertpapiere nur dann umlauffähig und damit auf den Finanzmärkten handelbar, wenn sie gutgläubig erworben werden können. Das ist nach deutschem Recht aber nur bei Wertpapieren als realkörperliche Sachen möglich. Dieckmann vertrat die These, dass sich über blockchainbasierte Kryptotoken der erforderliche gutgläubige Erwerb von Wertpapieren digital abbilden lassen und es dadurch nicht zu einer digitalen Transformation des Kapitalmarkts, sondern auch des Kapitalmarktrechts komme.


Obwohl das Kapitalmarktrecht zum großen Teil aus öffentlich-rechtlichen Regelungen besteht, richten sich die tatsächlichen Abläufe rechtlich nach dem Zivilrecht. Dieses steht einem Wertpapier ohne Urkunde dadurch im Wege, dass ein gutgläubiger Erwerb an Forderungen und Rechten, die Gegenstand der Wertpapiere als Schuldtitel oder Aktien sind, ausgeschlossen ist. Erst wenn diese verbrieft sind, ist ein gutgläubiger Erwerb möglich, und es kann eine gesteigerte Umlauffähigkeit bei gleichzeitiger Anonymität auf dem Kapitalmarkt erreicht werden. Denn nur durch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs könne angesichts der Anonymität der Marktteilnehmer das notwendige Vertrauen geschaffen werden.


Dieckmann zeichnete anschließend die historische Entwicklung der Wertpapierpraxis anschaulich nach. Wo anfangs noch jedes einzelne Wertpapier in einem Depot lagerte, um durch die verwahrende Bank als mittelbaren Besitzer eine vereinfachte Übergabe bei der Eigentumsübertragung zu ermöglichen, wurde diese Praxis immer weiter optimiert. Heutzutage liegt bei den Zentralverwahrern nur noch eine einzige Dauerglobalurkunde, an denen die Inhaber Miteigentum nach ihren Anteilen haben.


Die Problematik dieser Praxis liegt zum einen darin, so Dieckmann weiter, dass der mittelbare Besitz gemäß § 868 BGB an sich nur zeitlich begrenzt möglich sein sollte. Der Eigentümer des Wertpapiers müsste also jederzeit die Herausgabe verlangen können, was mit dem Charakter der verwahrten Wertpapiere als Dauerglobalurkunden aber nicht vereinbar ist. Diese rechtliche Problematik des Wertpapierhandels wird noch dadurch verschärft, dass faktisch eine Änderung der Inhaberschaft durch Umbuchungen auf den Depotkonten von Erwerber und Veräußerer vorgenommen wird. Die Umbuchung entspricht damit der an sich erforderlichen sachenrechtlichen Übergabe, wodurch der Kontobuchung in den Augen der Beteiligten Rechtsscheinscharakter zukommt, ähnlich einer Registereintragung. Einer solchen Buchung fehlt es jedoch an der im Sachenrecht notwendigen Publizität.


Daraufhin kam der Vortragende auf den Regierungsentwurf zu Einführung von elektronischen Wertpapieren zu sprechen, der für rein elektronische Schuldverschreibungen, also für Aktien gerade nicht, ein zentrales Wertpapierregister als Lösung vorsieht, ggf. auch mittels Blockchain. An dieser Stelle sieht Dieckmann die größte Schwäche des Entwurfes, denn eine Blockchain zeichne sich gerade durch ihre Dezentralität und die Nutzung kryptographischer Verschlüsselung aus. Diese wird aber nicht ausgenutzt.


Seiner Ansicht nach gäbe es die Möglichkeit, dass ein blockchainbasiertes Wertpapier, ganz konkret ein sog. Investment-Token, durch die öffentliche, sichere Protokollierung jeder Buchung eine ausreichende Publizität gewährleisten könne. Der zur Übertragung der Inhaberschaft erforderliche, private Schlüssel könne mit Hilfe einer solchen Blockchain dasselbe Vertrauen schaffen, wie es ein öffentliches Register erfährt. Der Vorteil gegenüber der Registerlösung des Regierungsentwurfs liegt vor allem darin, dass dort nur der Eingetragene als Inhaber des Wertpapiers gilt und die Übergabe weiter in der jeweiligen Buchung liegt. In der dezentralen Blockchain-Lösung läge sie in der Macht, über das kryptographische Verfahren dem Erwerber eine Einbuchung des zu übertragenden Wertpapiers auf sein blockchainbasiertes „Konto“ zu verschaffen und ihn so zum Inhaber des Wertpapiers zu machen. Als neuer Inhaber des blockchainbasierten Wertpapiers wäre der Erwerber damit auch dessen Berechtigter.


Auch Kritikpunkte an der Abwicklung des Wertpapierhandels über blockchainbasierte Krypto-Token sprach Dieckmann an. So könnte durch die fehlende Rolle eines Intermediärs der Anlegerschutz sinken. Die Verwirklichung des Anlegerschutzes sei insofern jedoch nicht Aufgabe des Zivilrechts, sondern des Aufsichtsrechts. Eine Digitalisierung des Kapitalmarktrechtes sei daher durchaus auf der Grundlage von blockchainbasierten Krypto-Token möglich.


Anschließend beantwortete Dieckmann Nachfragen zu unterschiedlichsten Aspekten seines Vortrags. So ging er darauf ein, dass die umweltspezifische Nachhaltigkeit von Blockchains im Regierungsentwurf keine ausdrückliche Rolle gespielt habe. Diese Kritik gäbe es zwar, doch vermutlich wollte der Gesetzgeber die weitere Entwicklung in anderen Ländern abwarten, bevor es eine „große“ Lösung zu elektronischen Wertpapieren gäbe.


Weitere Nachfragen behandelten den Anlegerschutz, die Nutzung der Blockchaintechnologie für Register generell, den beschränkten Anwendungsbereich des Referentenentwurfes, der Aktien ausschließt und der Frage nach der Verantwortlichkeit für solche Krypto-Token. 

"From Gutenberg to the Internet" - Prof. Weaver

On April 27th 2021, Prof. Russell Weaver, Brandeis Law School, Lousville, KY, gave an online lecture on Topics of his most recent publication at RIFAS e.V./Law Faculty Hanover.


FROM GUTENBERG TO THE INTERNET: FREE SPEECH, ADVANCING TECHNOLOGY AND THE IMPLICATIONS FOR DEMOCRACY (Carolina Academic Press, 2nd ed., 2019), traces the history of communication through the centuries, and reveals how the history of free expression is inextricably intertwined with advances in speech technology. In the process, the book explores how most communications technologies have been limited and controlled by so-called “gatekeepers” – powerful individuals or corporations who owned or controlled those technologies and therefore had the power to limit the ability of ordinary individuals to use them. The book also examines the internet which has made it much easier for ordinary people to communicate on a mass scale, and thereby to influence the political process. Although both governments and private entities have attempted to control internet discourse, with social media platforms at times censoring or banning certain ideas or persons, the internet is an extremely resilient device which has allowed individuals to effectively overcome these attempts at censorship. As a result, the internet has thrust society into uncharted territory as revealed by the impact of the internet on the Arab Spring, then-candidate Donald Trump’s 2016 presidential campaign, and such phenomena as "fake news," Russian interference in the 2016 election, and a host of other issues.

"Herausforderungen und Chancen von Legal Tech" - Dr. Quarch/Prof. Wolf

Prof. Wolf begann seinen Vortrag mit einer generellen These zu Entscheidungsfindungen durch Künstliche Intelligenz (KI). Diese würden eine menschliche Entscheidungsfindung niemals reproduzieren können und seien letztlich nicht mehr überprüfbar für den Menschen. Die Entscheidungsfindung durch KI stelle daher, umgekehrt zu Kants Definition der Aufklärung, die „selbstverschuldete Begründung der eigenen Unmündigkeit“ dar.


Legal Tech, so führte Prof. Wolf fort, sei besonders dort zu kritisieren, wo nur Fälle mit hoher Gewinnwahrscheinlichkeit übernommen werden, sog. plain vanilla cases. Die komplizierten Fälle, die das Recht voranbringen würden, würden ignoriert und traditionellen Anwälten „übrig gelassen“. Diese bearbeiteten dann die komplexen Fälle zu RVG-Gebühren, während die Legal Tech Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell eine dreifache Gewinnoptimierung zu Lasten der Verbraucher und der Rechtsanwälte betrieben. So würden Ihnen erstens in fast allen übernommenen Fällen die Prozesskosten nach § 91 ZPO erstattet (z.B. 98 % der Fälle bei Flightright). Zweitens verlangten sie vom eigenen Auftraggeber 30 % der Klagforderung und drittens schließlich ermöglichten die plain vanilla cases eine kostengünstigere industrielle Bearbeitung. Weiterhin vereinbarten Legal Tech Unternehmen meist ein Erfolgshonorar, was Anwälten bislang vollständig untersagt sei.


Aber auch jenseits der Gewinnoptimierung wusste Prof. Wolf eine Vielzahl von Kritikpunkten an Legal Tech Unternehmen sowie insbesondere am derzeitigen Entwurf des Legal Tech Gesetzes zu benennen. So seien Mandanten häufig nicht gegen das Insolvenzrisiko abgesichert, da die auf Basis einer Inkassolizenz tätigen Unternehmen keine entsprechende Versicherungspflicht träfe. Darüber hinaus seien Legal Tech Anbieter nicht daran gehindert, widerstreitende Interessen zu vertreten. Dies sei insbesondere im Hinblick darauf hochproblematisch, dass Legal Techs – anders als Anwälte – kein Fremdfinanzierungsverbot träfe. Prof. Wolf führte hier als Beispiel eine Fluggesellschaft an, die ein Legal Tech Unternehmen finanziert, welches sich auf Fluggastrechte spezialisiert und zeigte mögliche Interessenskonflikte eindrücklich auf. Dazu träte das Argument, dass bei Prozessfinanzierung das zur Verfügung gestellte Kapital möglichst kurz gebunden werden soll und dadurch für den Finanzier kein Interesse an einer bestmöglichen Durchsetzung besteht, sondern an einer möglichst schnellen.


Dr. Benedikt Quarch, selbst Geschäftsführer des Legal Tech Unternehmens RightNow, stellte zunächst deren Geschäftsmodell vor, das seinen Ursprung hauptsächlich in der eigenen negativen Erfahrung mit der Durchsetzung eines Anspruches gegen eine Fluggesellschaft hatte. Dieses basiere grundsätzlich auf dem Forderungskauf von Micro Claims. Online könne per Eingabe weniger Informationen geprüft werden, wie groß die Summe ist, die RightNow für die Abtretung des Anspruches anbietet. Die Höhe dieser Summe sei – sofern ein Anspruch überhaupt besteht – von verschiedenen Kriterien abhängig, die unter anderem die voraussichtliche Dauer der Durchsetzung und die Erfolgswahrscheinlichkeit umfassten, wobei die Erfahrungswerte vergangener Verfahren stets in allen Parametern Einfluss fänden. Diese Bewertung würde automatisiert vorgenommen und ermögliche es dem Kunden, innerhalb von 24 Stunden Geld für seine Forderung zu bekommen.


In diesem Modell würden nicht nur plain vanilla cases übernommen, sondern auch micro claims, deren Durchsetzung aus ökonomischen Gründen häufig nicht verfolgt würde. Dies führe zu einer Zunahme, nicht zu einer Neuaufteilung von Fällen. Für die Rechtsdurchsetzung solle dadurch ein level playing field geschaffen werden. Durch die Abtretung der Forderung verbleibe das Insolvenzrisiko bei diesem Modell zudem nicht bei dem Verbraucher. Vielmehr bekomme der Kunde sein Geld sofort; folglich nähme RightNow auch keine Prozessfinanzierung vor.


Insofern vertraten Prof. Wolf und Dr. Quarch keineswegs gegenüberliegende Standpunkte der Diskussion um Legal Tech, sondern waren sich in dem Punkt der Regulierung sogar einig, dass diese momentan nicht ausreichend sei.


In der anschließenden Diskussionsrunde traten weitere Punkte zu Tage, in denen sich die Referenten einig waren. So wurde eine automatische Auszahlung von Entschädigungen gerade bei der Bahn oder im Flugverkehr für sinnvoll und möglich erachtet. Weitere Fragen behandelten das Gebiet des kollektiven Rechtsschutzes generell und die Frage, inwiefern auch die Seite der Unternehmen Legal Tech einsetzen würde. Nach knapp zwei Stunden endete die Veranstaltung.


Verfasst von Corvin Hennig. 

Krypto-Token und Digitalisierung von Sachwerten - Dr. Voß / Dr. Ritz

Rückblick auf die Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ vom 7. Juli 2021

Die dritte Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ des Sommersemesters 2021 am 7. Juli befasste sich mit dem Thema „Krypto-Token und Digitalisierung von Sachwerten“. Sie wurde veranstaltet von dem Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und dem Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) sowie der Forschungsstelle für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Kapitalmarktstrafrecht der Leibniz Universität Hannover und dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS). 

Erneut gab es zwei Vortragende, die jeweils in ihrem Themengebiet vor rund 50 Studierenden und Interessierten präsentierten und sich den Fragen der Teilnehmenden stellten. Mit Frau Dr. Corinna Ritz konnte eine Koryphäe im Wertpapierhandelsrecht gewonnen werden. Sie ist Herausgeberin und Autorin mehrere Standardwerke und außerdem bei der BaFin tätig, wobei sie hier ausdrücklich ihre private Meinung vertrat. Daneben durfte Herr Dr. Thorsten Voß begrüßt werden, der als Rechtsanwalt und Partner bei Schalast, Herausgeber und Autor mehrerer Kommentare, sowie Gründungsherausgeber der Zeitschrift für das Recht der digitalen Wirtschaft – ZdiW Spezialist im Recht der Digitalisierung ist.

Frau Dr. Ritz hielt einen Vortrag zum Thema „Der Entwurf der MiCAR - eine „Blaupause“ für ein EU Single Rulebook“ und warf zunächst einen generellen Blick auf die Herkunft der bislang nur als Vorschlag bestehenden Verordnung. Zu nennen sind in diesem Kontext einerseits die extremen Kursschwankungen und -steigerungen von Bitcoin und spätestens seit Facebook mit „Libra“ ein eigenes Zahlungsmittel plant, begann der EU-Gesetzgeber Regulierungspläne zu entwerfen. Dem Regelungsumfang zu urteilen, wonach die MiCAR eine einheitliche Regulierung von Märkten für Kryptowährungen in der EU darstellt, könnte man von MiFID II für Kryptowerte sprechen, obwohl die Parallelen spätestens an den unterschiedlichen Rechtsakten aufhören. 

Ausgewählte Inhalte der MiCAR, über die Frau Dr. Ritz referierte, waren die Regelungen zu Emission von Kryptotoken, welche sich danach unterscheiden, ob es sich um einen E-Geld Token, einen wertreferenzierten Token oder einen Currency-Token handelt. Security-Token sind als Finanzinstrumente gerade nicht erfasst.

Außerdem sei die Pflicht zur Veröffentlichung eines Whitepapers bei öffentlichen Angeboten geplant mitsamt einer zivilrechtlichen Haftung. Wie genau eine solche „Prospekthaftung“ aussehen kann, auf die sich alle Mitgliedstaaten einigen könnten, ist völlig ungeklärt, zumal dies ein Unterfangen darstellt, das schon immer Probleme bereitete.

Insgesamt stellt das Thema der Regulierung von Kryptowerten ein so umfangreiches Themengebiet dar, dass Frau Dr. Ritz in ihrem Vortrag nicht alle Punkte ansprechen konnte. Neben Sonderregelungen für signifikante Emittenten, Anforderungen an die Ausgabe von E-Geld-Token, dem Anwendungsbereich von Krypto-Dienstleistern schloss sie mit einigen Problembereichen ab, die bis zum Beschluss der endgültigen Fassung noch angegangen werden sollten.

Anschließend hielt Dr. Thorsten Voß seinen Vortrag mit dem Titel „Krypto-Token und Digitalisierung von Sachwerten“. Dieser widmete sich zunächst einem Grundproblem der Digitalisierung des zivilrechtlichen Wertpapierrechts: der gutgläubige Erwerb.

Im Zivilrecht hat ein Wertpapier stets verbrieft zu sein, und sei es bloß mittels einer Globalurkunde, damit ein gutgläubiger Erwerb möglich ist. Das ist unumgänglich um die Teilnehmer eines Marktes mit unzähligen Handelsvorgängen bestmöglich zu schützen. Das Aufsichtsrecht fordert eine Verbriefung jedoch nicht und löst sich somit von der Voraussetzung für einen gutgläubigen Erwerb. Dies ist momentan ein Dauerthema, welches bereits in der vergangenen Ringvorlesung von PD Dr. Andreas Dieckmann dargestellt wurde, und dessen neuesten Lösungsansätze in dem kombinierten Abtretungs- und Formansatz sowie dem Doppeltatbestand bestehen. 

Eine Lösung hingegen findet das neue eWpG (Gesetz über elektronische Wertpapiere), das den gutgläubigen Erwerb elektronischer Schuldverschreibungen in § 26 eWpG gesetzlich regelt und für den Inhalt des elektronischen Registers Vollständigkeit und Richtigkeit fingiert. 

Anschließend stellte Herr Dr. Voß neueste Entwicklungen der Digitalisierung dar. Dazu gehörte der reine Utility Token „Lukso“, ein Geschäftsmodell, das digitale Mode möglich macht indem beispielsweise Outfits für virtuelle Meetings vermietet. Der Token berechtigt nur zur Teilhabe an dem Netzwerk, weshalb sowohl ein Eigenhandel als auch Marktmissbrauch für diesen Token ausscheidet. 

Sog. NFT („Non Fungible Token“) werden in naher Zukunft eine Welle der Digitalisierung von Dingen mit sich bringen, die es bislang schon in der analogen Welt gibt. Den Start haben in diesem Sinne die NFT-Kunstwerke gemacht.

Es schloss sich eine lebhafte Diskussion mit Nachfragen zu den Vorträgen an. So erläuterte Dr. Voß, dass es gerade im Zusammenhang mit NFT und der Digitalisierung von Kunstwerken viele urheberrechtliche Fragestellungen zu beantworten gibt. Knapp zwei Stunden, gefüllt mit interessanten Vorträgen und spannenden Fragen, stellten einen gelungenen Abschluss der Ringvorlesung im Sommersemester 2021 dar.


Corvin Hennig 08.07.2021

Autonomes Fahren - Theissen / Prof. Reid

Die letzte Veranstaltung der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ des Jahres 2021 fand am 14. Dezember statt  und wurde vom Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb), dem Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) und dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) ausgerichtet. 

Dr. Christian Theissen und Prof. Melanie Reid waren die Vortragenden dieser Veranstaltung. Beide sprachen über ihre Themen auf Englisch, damit auch die ausländischen Teilnehmenden dieser international ausgerichteten Veranstaltung folgen konnten. 

Der Vortrag von Herr Theissen zum Thema „Autonomous driving and liability: from product liability and regulatory limits for software over the air“ startete mit seinen eigenen ersten Berührungspunkten zum autonomen Fahren. Noch vor einigen Jahren musste er als Sprecher die Ausrichter einer Konferenz von der Relevanz dieses Themas überzeugen. Heutzutage ist autonomes Fahren jedem ein Begriff und die praktische Relevanz der damit verbundenen juristischen Fragen steht nicht mehr zur Debatte.

In einer früheren Version des Vortrags zog Herr Theissen das Fazit, dass die Technik zukünftig für das autonome Fahren bereit sein wird. Ob allerdings die rechtlichen Fragen bis dahin geklärt sind, erschien fraglich. Inzwischen habe Mercedes-Benz als erster Automobilkonzern eine Zulassung ihres Level-3 Autopiloten (SAE levels) erwirkt und EasyMile habe ab September 2022 sogar eine Level-4 Zulassung. Daher ist die Klärung der damit verbundenen Rechtsfragen umso drängender.

Dabei beziehen sich die Fragen nicht nur auf den Bereich der Haftung für autonomes Fahren selbst, sondern beispielsweise auch auf den Aspekt der Datensicherheit. Das ist insbesondere deshalb virulent, weil autonomes Fahren nunmehr auch ein integraler Bestandteil von sogenannten „smart cities“ in Form von autonomen Shuttles im öffentlichen Nahverkehr ist. Pläne für solche Städte gibt es derzeit schon für Dubai, Singapur und London.

Die Haftungsfragen des autonomen Fahrens knüpfen an den unterschiedlichsten Stellen an. So wurde etwa  die Blockbox-Pflicht für selbstfahrende Autos genannt, die erstmalig den Versicherern die Möglichkeit bietet sich auf die Fehlerhaftigkeit des Autos zu berufen, oder aber die Auslegung von EU-Verordnungen hinsichtlich Cybersecurity Management Systemen und deren Sicherheit. 

Dazu gehört ebenfalls die Abgrenzung, wo ein neues Update beginnt, das stets zu genehmigen ist, und wo die Software wegen einer Sicherheitslücke ohne vorherige Genehmigung angepasst werden darf („bug fixes“). Fälle, in denen z.B. Tesla ein Update ohne Ankündigung oder öffentlicher Bekanntmachung aufspielte („silent recall“), nachdem sich eine Sicherheitslücke in der Software aufgetan hatte, gibt es bereits. 

In Konflikt geraten somit verschiedene Rechte und Pflichten, wenn Sicherheitslücken schnell geschlossen werden müssen, die zusätzlich potenzielle Eingriffe in fremdes Eigentum darstellen können.



Prof. Melanie Reid referierte anschließend zum Thema „Your Privacy on the Road: What is collected and How it is Utilized“.

Sie startete ihren Vortrag, indem sie den Sachverhalt des ersten fatalen Unfalls eines autonomen Fahrzeugs in den USA darstellte. 

Ein von Uber betriebenes Testfahrzeug war im Jahr 2018 auf einer Teststrecke in einen „Crash“ mit einer Fußgängerin involviert. Dies löste eine Diskussion nach der strafrechtlichen Verantwortung aus. Die Besonderheit war hier, dass die Daten, die den Ermittlungsbehörden zur Verfügung standen, extrem weitreichend und umfassend waren. Sie gingen weit über die „normalen“ Daten hinaus und umfassten zusätzlich alle Informationen, die das Fahrzeug gesammelt hatte. Daraus ließ sich der genaue Unfallablauf herleiten.

Dabei stellte sich heraus, dass die „Fahrerin“ während der Fahrt nach unten schaute, weil sie eine Show auf ihrem Handy streamte. Gleichzeitig schätzte das System des Fahrzeugs die Fußgängerin fehlerhaft nicht als Hindernis ein und verlangsamte die Geschwindigkeit des Fahrzeugs nicht. In diesem Moment war das System also auf die „Fahrerin“ angewiesen, da Uber eine bestimmte Monitoringfunktion ausgeschaltet hatte, die den Zusammenstoß potenziell verhindert hätte. Der Fußgängerin konnte im Nachhinein eine Bewusstseinsbeeinträchtigung durch Betäubungsmittel nachgewiesen werden. Für jede der involvierten Parteien lag folglich ein potentiell vorwerfbares Verhalten vor. Im Ergebnis resultierte daraus jedoch eine Anklage der „Fahrerin“, da sie das System nicht aufmerksam überwacht hat.

Das Strafverfahren in der geschilderten Sache hat zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht begonnen, doch die Staatsanwaltschaft wird sich hauptsächlich auf die gesammelten Daten berufen. Die Verteidigung wird sich nach Prof. Reids Einschätzung hingegen auf die Argumentation stützen, dass das System fehlerhaft funktioniert hat und die „Fahrerin“ deshalb keine Verantwortung trifft. Auch das Phänomen der „Automation Complacency“ wird in dem Verfahren eine Rolle spielen. Ein durchschnittlicher Fahrer wäre nach dieser Argumentation ebenfalls unaufmerksam gewesen, da dies in der Natur des Menschen liege.

Ein weiterer Punkt, der bei diesem Verfahren leicht untergeht, ist jedoch, dass private Unternehmen Unmengen von Daten sammeln. Im Fall des beschriebenen Unfalls hat Uber die Daten ohne einen richterlichen Beschluss zur Verfügung gestellt. Hinsichtlich solcher Daten, so fordert Prof. Reid, sollten Behörden einen Beschluss benötigen, um auf sie zugreifen zu dürfen. Zusätzlich gestaltet sich die korrekte Interpretation der Daten schwierig.

Zuletzt sprach Prof. Reid einen Patentantrag von Ford an, aus dem hervorgeht, dass Polizeiautos zukünftig über zahlreiche Überwachungsmethoden verfügen könnten. Diese wären so weitreichend, dass ein autonomes Fahrzeug für die Ausstellung eines Strafzettels nicht einmal mehr angehalten werden müsste und das Polizeiauto direkt mit diesem kommunizieren könnte.

Die angeregte Diskussion im Anschluss an die beiden Vorträge stellte den Abschluss der letzten Ringvorlesung im Jahr 2021 dar. 

Corvin Hennig



2020

„Recht(swissenschaft)liche Herausforderungen einer ‚Drohnenwelt‘“ - Prof. Schmid

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung fand um 19:00 Uhr in demselben Raum ein öffentlicher Vortrag von Frau Prof. Dr. Viola Schmid, LL.M. (Harvard), TU Darmstadt zum Thema „Recht(swissenschaft)liche Herausforderungen einer ‚Drohnenwelt‘“ statt.


Abstract:


„Es ist mehr als wissenschaftliche Science-Fiction: „(Luft-)Drohnen“ werden die Welt, so wie wir sie kannten, verändern und einen erheblichen Einfluss auf unser Leben haben. Unsere Um- und Mitwelt werden diese Vertreter „künstlicher Intelligenz“ mit uns – vor den „(Boden-) Drohnen“ des automatisierten Fahrens – teilen. Damit ist „(Luft-) Drohnenrecht“ nicht nur eine Herausforderung für das deutsche und europäische Luftverkehrsrecht, sondern auch etwa für das Eigentumsrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das (IT-) Sicherheitsrecht und das Umweltrecht. Zentral für diejenigen, die „(Luft-) Drohnen“ nutzen wollen, sind die Chancen (etwa in der „(Luft-)Drohnenlandwirtschaft“ in allen Stufen der Wertschöpfungskette, im Katastrophenschutz, in der Logistik bis zum Einsatz von Drohnen durch die Polizei (Art. 47 BayPAG)). Zentral für diejenigen, die mit „Drohnen“ ihre Umwelt nicht teilen wollen, ist der Überwachungsdruck. Die Rechtsnatur dieses „Risk of Chill“ als Eingriff in Grundrechte und die Abwehransprüche gegen solche Eingriffe lassen sich in der Rechtsprechung der jüngeren Vergangenheit zu stationären Videokameras und Kameraattrappen nachweisen. Zusammenfassend: Sei es die Freiheit wie Befugnis „Drohnen“ fliegen zu lassen oder die Pflicht, diese zu dulden – „Drohnen“ gehen alle Bürger und Bürgerinnen an.


Die Staatsrechtslehrerin Prof. Dr. Viola Schmid wählt deswegen einen Citizen Science-Ansatz und will zusammen mit dem Publikum Chancen und Risiken szenarienorientiert und analytisch diskutieren und eine Forschungs-/Lehragenda konturieren. Auch ihre Faszination will sie in einem offenen Format teilen, zu der die Zuhörer/innen als „Citizen Scientists“ eingeladen werden, Business Options/Cases und Legal Challenges aus ihrer Sicht zu präsentieren. Als Ergebnis der Veranstaltung würde sie eine SWOT-Matrix festhalten wollen.“


Im Anschluss fand ein Abendessen in lockerer Atmosphäre statt, bei dem sich Mitglieder, Zuhörer und Interessierte kennenlernen und austauschen konnten.

The civil regulation of robotics and artificial intelligence with a focus on self-driving cars - Dr. Gaeta

Über den Vortrag


Derzeit gibt es keine spezifische Regulierung von Robotik und KI, obwohl dieses Thema Gegenstand vieler Gesetzgebungsinitiativen auf europäischer und nationaler Ebene ist. Aus diesem Grund wird sich der Vortrag auf Fragen der Haftung, des Datenschutzes und der Cybersicherheit sowie auf ethische Fragen im Zusammenhang mit Robotern und KI konzentrieren, um zu definieren, welche Art von Regulierung überhaupt erforderlich ist.


Über die Referentin


Frau Dr. Gaeta ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Datenschutzrecht und wissenschaftlicher Sekretär des Forschungszentrums für europäisches Privatrecht (ReCEPL), beide an der Università degli Studi Suor Orsola Benincasa di Napoli (UNISOB). Sie ist außerdem Mitglied des interdisziplinären Design- und Forschungszentrums „Scienza Nuova“ (Living Lab Utopia) an der UNISOB.


Sie ist Redaktionskoordinatorin des European Journal of Privacy Law & Technologies und Mitglied der Redaktion des Familia Journal und des Diritto di Internet Journal. Und seit 2018 Rechtsanwältin mit Schwerpunkt auf dem Recht der neuen Technologien.


2019

Wettbewerb der Gesetzgeber - UK Automated and Elec. Vehicles Act - Dr. Schubert

Am 29. Januar 2019 fand um 19:15 Uhr die Auftaktveranstaltung der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ statt.


Herr Rechtsanwalt Dr. Mathias N. Schubert referierte zum Thema „Wettbewerb der Gesetzgeber - UK Automated and Electric Vehicles Act“. Im Anschluss an den Vortrag bestand für die zahlreichen Zuhörer bei Getränken und Knabbereien die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre ins Gespräch zu kommen. Zudem gab es für jeden Zuhörer zwei Ausgaben der Zeitschrift Multimedia und Recht, die freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden.


Die Ringvorlesung wird vom Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Buck-Heeb) und dem Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Oppermann) durchgeführt.


Herr Schubert hat zu dem Vortragsthema den lesenswerten Beitrag Regulating the Use of Automated Vehicles (SAE Levels 3 to 5) in Germany and the UK in der RAW 2019, 18 ff. veröffentlicht.

Haftung des Herstellers für automatisierte Fahrzeuge - Prof. Schrader

Im Rahmen der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ gastierte Herr Prof. Paul Schrader von der Universität Bielefeld an der Leibniz Universität Hannover am Abend des 17. Juni 2019 mit einem Vortrag zur Haftung des Herstellers für automatisierte Fahrzeuge. Ausgerichtet wird diese Ringvorlesung durch das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS), den Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und den Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann).


In seiner Funktion als Direktor des RifaS eröffnete Herr Dr. Kuuya Chibanguza die gut besuchte Veranstaltung und skizzierte im Zuge dessen kurz das Anliegen seines interdisziplinären Vereins, angesichts der wachsenden Bedeutung automatisierter Systeme die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dieses jungen Phänomens zu beleuchten und dabei eine Symbiose der Erkenntnisse aus Lehre, Forschung und Praxis herzustellen. Als Tätigkeitsfelder des Vereins hob Herr Dr. Chibanguza dabei Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie die Medizin hervor. Abschließend sprach er eine herzliche Einladung an alle Interessenten aus, dem Verein beizutreten.


Nachdem Herrn Prof. Oppermann, zugleich Dekan der juristischen Fakultät, das Wort übernommen hatte, betonte er gleichfalls die ständige Herausforderung des Rechts, sich immer neuer technischer Sachverhalte annehmen zu müssen. Er zeichnete den einschlägigen wissenschaftlichen Werdegang des Referenten nach und betitelte ihn infolgedessen als einen auf diesem Gebiet umfassend ausgewiesenen Experten, der ihn bereits bei einem früheren Vortrag vereinnahmt habe. Daher freue er sich sehr, dass die Ringvorlesung Herrn Prof. Schrader für seinen Vortrag gewinnen konnte und danke ihm für sein Engagement. 


Dieser begann sodann seinen kurzweilen Vortrag. Als Ausgangsfall legte Prof. Schrader dabei einen herkömmlichen Verkehrsunfall zugrunde, anhand dessen er das tradierte Haftungssystem illustrierte. Im Fokus stünde gewöhnlich die Halter- und Fahrerhaftung nebst versicherungsrechtli-chen Implikationen. Die Herstellerhaftung bestehe de lege lata in der Produkthaftung und der de-liktischen Produzentenhaftung. Diese werde jedoch nicht unmittelbar durch das Versicherungs-vertragsgesetz (VVG) erfasst, sondern sei nur in etwaigen Regressfällen von Bedeutung. 


Durch die Neuregelungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) im Jahre 2017, die den Einsatz von voll- oder teilautomatisierter Systeme zum Gegenstand hatten, ergäben sich viele Auswirkun-gen und Rechtsfragen im Hinblick auf jenes hergebrachte Haftungsgefüge. 


Als Beispiel für die Fahrerhaftung führte Prof. Schrader die neue Verhaltensanordnung an den Fahrer beim Gebrauch derartiger Systeme in Gestalt des § 1b StVG an, der jedoch mit mehreren unbestimmten Rechtsbegriffen operiere. Bei einem Verstoß ergäbe sich somit eine neue Kategorie eines klassischen haftungsauslösenden Fahrfehlers. Das sei jedoch primär nur im Innenver-hältnis, also für den Regressfall des regulierenden Versicherers zum Unfallverursacher von Inte-resse und unter Umständen noch bei der Bemessung der Haftungsquote, habe jedoch keine her-stellerhaftungsrechtliche Relevanz. 


Die als Gefährdungshaftung ausgestaltete Halterhaftung hingegen werde durch die neuen Systeme bereits ganz grundsätzlich dadurch tangiert, dass derartige voll- oder teilautomatisierte Fahr-systeme dem Grunde nach überhaupt zugelassen würden. 


Im Anschluss fokussierte sich Herr Prof. Schrader auf die dritte Säule des eingangs erläuterten Haftungssystems, die Herstellerhaftung. Dabei erläuterte er, dass sich die Neuerungen des StVG mittelbar auch auf die Herstellerhaftung auswirkten. Haftungsauslösend für eine Produkthaftung sei u.a. ein sog. Produktfehler (§ 3 Abs. 1 ProdHaftG). Dieser werde durch das Gesetz durch die sog. berechtigte Sicherheitserwartung näher umschrieben und diese wiederum beispielhaft mit der sog. Darbietung des Produkts, dem üblichen Gebrauch sowie dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens weiter normativ ausgefüllt. Herr Prof. Schrader arbeitete eindrucksvoll unter Bezugnah-me auf den Gesetzestext des StVG heraus, welche Änderungen sich in der produkthaftungsrecht-lichen Bewertung dieser Merkmale durch die Neuerungen ergeben könnten. Sonach stellen also die Merkmale des Produktfehlers ein geeignetes Einfallstor für die straßenverkehrsrechtlichen Neubewertungen dar, die erstmals voll- oder teilautomatisierte Systeme im Straßenverkehr regeln. 


Beispielhaft stellte er dabei kritisch die Regelung in § 1a Abs. 2 Nr. 2 StVG heraus, wonach solche Systeme in der Lage sein müssen, den Verkehrsvorschriften zu entsprechen. Gesetzgeberischer Zweck sei erklärtermaßen gewesen, die Hauptursache für Verkehrsunfälle, das menschliche Handeln, zu minimieren. Die Technik solle also zu einer Schadensminimierung führen, weil sie im konkreten Fall, anders als der Mensch, weniger reflexhaft, mithin rationaler, schneller und unter Zuhilfenahme einer Vielzahl von Parametern entscheiden könne. Dabei wies Prof. Schrader veranschaulichend darauf hin, dass allein im Jahre 2017 rund 2,6 Mio. polizeilich erfasste Verkehrs-unfälle registriert wurden, bei denen ein menschlicher Fahrfehler unfallursächlich war. Nach der gesetzgeberischen Intention müsste das System also etwas erfüllen, wozu 2,6 Mio. Fahrzeugfüh-rer im Jahre 2017 nicht in der Lage waren. 


Dem gleichermaßen unterhaltsamen wie lehrreichen Vortrag, der zuweilen auch von anschaulichen und humoristischen Erfahrungsberichten des Referenten im persönlichen Umgang mit automatisierten Systemen untermalt wurde, schloss sich bei Speis und Trank eine angeregte Dis-kussion mit vielen Nachfragen an. Die Diskussion wurde moderiert von Herrn Dipl.-Jur. Hans Steege.


Verfasser: Benedikt Stücker, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


Automatisiertes Fahren und Versicherungsrecht - Prof. Eichelberger

Am Abend des 09.07.2019 hat das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS), der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) zu einer weiteren Veranstaltung der Ringvorlesung eingeladen. Zu Freude der Veranstalter konnte Herr Professor Eichelberger als fakultätsinterner Referent für die Ringvorlesung gewonnen werden. Thema des Abends war „Automatisiertes Fahren und Versicherungsrecht“.


Die gut besuchte Veranstaltung, an der nicht nur Juristen, sondern auch Fakultätsfremde teilnahmen, begann mit einer kurzen Begrüßung durch Herrn Dr. Kuuya Chibanguza als Direktor des RifaS. Er wies auf die Tätigkeit des Vereins hin, die angesichts der steigenden Bedeutung automatisierter Systeme insbesondere die Felder Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie Medizin betrifft. Nachdem Frau Prof. Dr. Buck-Heeb, zugleich Prodekanin der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover, das Wort übernommen hatte, machte sie auf die große Bedeutung von Interdisziplinarität aufmerksam. Insbesondere betonte sie, welche Relevanz der interdisziplinäre Dialog zur Lösung von Problemstellungen hat. 


Sodann begann Herr Professor Eichelberger mit seinem Vortrag. Einleitend erläuterte er, dass dem Versicherungsrecht angesichts der hohen Zahl zugelassener Fahrzeuge generell eine immense Bedeutung zukommt. Als Ausgangspunkt stellte er einen kurzen Beispielsfall aus dem Haftungsrecht dar, der den Zuhörern das Prinzip der Gefährdungshaftung gem. § 7 StVG und die damit verbundene Notwendigkeit der Versicherungspflicht näherbrachte. Kurze Erläuterungen zur Voll- und Teilkaskoversicherung verschafften den Zuhörern einen Überblick über das Versicherungsrecht im Hinblick auf Kraftfahrzeuge.


Im Fokus des Vortrags standen natürlich die Besonderheiten von voll- oder teilautomatisierten Systemen im Straßenverkehr im Zusammenhang mit dem geltenden Versicherungsrecht. In einem „Frage-Antwort-Spiel“ gewann Herr Professor Eichelberger die Aufmerksamkeit der Zuhörer und legte strukturiert die Problematiken des Autonomen Fahrens in Bezug auf die versicherungsrechtlichen Vorschriften dar.


Die Zuhörer konnten zu einigen Fragestellungen aus dem Versicherungsrecht neue Erkenntnisse gewinnen. Dazu führte Herr Professor Eichelberger aus, dass die Leistungspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers im Schadensfall grundsätzlich gegeben sei und auch die Voraussetzung „Gebrauch eines Kraftfahrzeuges“ trotz automatisierter Steuerung vorliege. Darüber hinaus sei es nicht möglich, den generellen Versicherungsschutz zu verlieren, da § 4 der Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (KfzPflVV) nicht an die Art der Steuerung anknüpfe.


Mit Blick auf weitere Einschränkungen und den Verlust des Versicherungsschutzes in der Kfz-Haftpflichtversicherung  ging der Referent auf die Problematik der „Führerscheinklausel“ gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 KfzPflVV ein sowie auf mögliche Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, die bspw. die Nutzung oder Nichtnutzung des Autopiloten, die stetige technische Aktualisierung des Autopiloten oder die Pflicht, den Versicherer darüber aufzuklären, dass ein Fahrzeug autonom ist, betreffen können. 


Weiterhin verneinte Herr Professor Eichelberger grundsätzlich eine Gefahrerhöhung durch die Nichtnutzung/Deaktivierung eines Autopiloten, die nachträgliche Ausstattung eines Fahrzeugs mit einem Autopiloten oder die Nutzung eines fehlerhaften Autopiloten. Anders könne dies aber sein, wenn die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird oder die Zulassung des Fahrzeugs erlischt. Insoweit könne dann auch das Unterlassen einer gebotenen technischen Aktualisierung („Update“) zu einer Gefahrerhöhung führen. 


Im Anschluss daran fokussierte sich Herr Professor Eichelberger auf die Kasko-Versicherung. Dabei stellte er insbesondere die Problematik von Hackerangriffen dar. Bzgl. der Einbeziehung von Hackerangriffen als Vandalismus in die Vollkaskoversicherung vertritt er entgegen einiger Stimmen aus der Literatur und Praxis die Ansicht, dass es auf das Vorliegen einer physischen Beeinträchtigung nicht ankommt und eine Leistungspflicht des Versicherers besteht, wenn das Fahrzeug per Funk beeinträchtigt wird. Ein Unterschied zu einer physischen Beeinträchtigung bestehe nicht. Darüber hinaus wies Herr Professor Eichelberger darauf hin, dass ein Eingreifen der Teilkaskoversicherung bei einem Diebstahl des Fahrzeugs „aus der Ferne“, sprich online, aufgrund der Beweislast, die den Versicherungsnehmer trifft, problematisch sei. 


Zu guter Letzt bot der Referent einen Exkurs zur Herstellerhaftung und zum Regress. Er erklärte, die Herstellerhaftung sei in der Praxis bislang wenig bedeutsam, da lediglich ca. 1 % der Unfälle aufgrund technischer Mängel verursacht würden. Ferner sei die Inanspruchnahme des Herstellers regelmäßig wegen der Beweislast schwierig. De facto sei es für den Geschädigten bedeutend einfacher, den Schädiger oder die Versicherung in Anspruch zu nehmen.  Auch ein möglicher Regress des Versicherers gegen den Hersteller sei bisher in der Praxis wenig relevant. Herr Professor Eichelberger setzte seine Ausführungen fort und erläuterte kritisch, dass der Versicherer möglicherweise aufgrund einer Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet sein könnte, beim Schädiger Regress zu nehmen, um die Versicherungsprämien gering zu halten. 


Abschließend fasste Herr Professor Eichelberger zusammen, dass voll- oder teilautomatisierte Systeme im Straßenverkehr im Hinblick auf die Anwendung versicherungsrechtlicher Regelungen insgesamt wenige Fragen aufwerfen. Lediglich einige „Kleinigkeiten“ müssen geregelt werden.


Dem lehrreichen Vortrag folgte eine angeregte Diskussion mit vielen Nachfragen aus dem Publikum, die von Frau Professorin Buck-Heeb moderiert wurde. Sie bedankte sich schließlich sowohl bei ihrem Kollegen für seine spannenden Ausführungen als auch bei den Diskutanten aus der zahlreich erschienenen Zuhörerschaft.


stud. iur. Katharina Neumann


KI und die Notwendigkeit bedeutsamer Kontrolle durch den Menschen - Prof. Beck

In der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ am 10. Dezember 2019 hielt Frau Prof. Dr. Beck einen Vortrag zum Thema „ KI und die Notwendigkeit bedeutsamer Kontrolle durch den Menschen“. Das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) hatte zusammen mit dem Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und dem Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Herr Professor Oppermann, in seiner Funktion als Direktor von RifaS, eröffnete die Veranstaltung mit einer Begrüßung der zahlreichen Zuhörer und einer kurzen Vorstellung des Vereins. Die Tätigkeitsfelder des Vereins, erstrecken sich über vielfältige Themengebiete, wie Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie Medizin, in denen automatisierte Systeme eine immer größere Rolle spielen.

Frau Professorin Beck, begann ihren Vortrag mit einer Bestandsaufnahme. Hinter KI stecke, bislang zumindest, selbstlernende Systeme, die in ihrer Programmierung nicht mehr dem bekannten „wenn-dann“ Muster folgen, sondern aus großen Datenmengen eigenständig Korrelationen und Muster erkennen können.

Die Einsatzgebiete sind dabei so vielfältig wie die Tätigkeitsfelder von RifaS selbst. Neben der automatisierten Kreditvergabe zählen auch die Bewerberauswahl in Unternehmen oder der Einsatz von Waffensystemen dazu. Hinzu kommen unterschiedliche Abstufungen von KI. So sind von der reinen Beratung bis hin zu vollständig autonomen Entscheidungen alle Grade denkbar.

Frau Professorin Beck wählte daraufhin drei unterschiedliche Beispiele aus, in denen KI zukünftig Probleme bereiten könnte. Die Genforscherin, die aufgrund einer unrichtigen Diagnose durch KI eine falsche Therapie verschrieb; die Bewerberin, die durch die vermeintlich objektive, datenbasierte Entscheidung der KI diskriminiert wurde; der Autofahrer, welcher durch die KI am Rechtsbruch gehindert wird. Alle drei Szenarien warfen unterschiedliche Probleme auf, dessen potentielle Lösungsansätze die Referentin skizzierte.

Gemein war den Szenarien das Problem der Verantwortlichkeit, die sich entweder unklar gestaltete oder sogar völlig aufgelöst wurde. Ein „human in the loop“ als Haftungsknecht oder sogar Rechtsbereiche, in denen es keine strafrechtliche Verantwortung mehr gibt, wären mögliche Ansätze, die die Referentin ansprach und Folgeprobleme benannte.

Frau Professorin Beck betonte insbesondere die mangelnde Transparenz von KI. Die Vorstellung, dass KI objektive Entscheidungen träfe, löst bei den Menschen ein falsches Vertrauen aus, denn die Korrelationen, die KI erkennt, basieren auf Daten, die ihrerseits schon diskriminierend sein können. Ein transparenteres System würde diese Abhängigkeiten zumindest aufdecken und die Möglichkeit eröffnen, der Korrelation auch eine Kausalität hinzuzufügen.

Zuletzt thematisierte die Referentin das Phänomen der „Impossibility Structures“, bei denen ein rechtsbrechendes Verhalten unmöglich ist. Dieses birgt einerseits die Gefahr, dass Devianz, die auch Fortschritt erzwingen kann, nicht mehr möglich ist. Andererseits wirft es die Frage auf, ob ein „Recht auf Rechtsbruch“ besteht. 

Unter Berücksichtigung dessen, dass nicht alle Szenarien mit einem einheitlichen Instrument gelöst werden können, vertrat Frau Professorin Beck die Ansicht, dass es in allen Einsatzgebieten von KI der „bedeutsamen“ (meaningful) Kontrolle durch den Menschen bedarf. Diese soll kein einfaches Bestätigen der Entscheidung der KI sein, sondern das Funktionieren von KI und Mensch zusammen beschreiben. Das bedeutet auch, dass man sich der Einschränkungen, die KI mit sich bringt, bewusst ist und diese in bestimmten Bereichen hinnimmt.

In der anschließenden angeregten Diskussion dankten die Diskutanten zunächst allesamt Frau Professorin Beck für ihren Vortrag und warfen unterschiedlichste Aspekte auf. Die Diskussion führte unter anderem zu weiteren interessanten Fragestellungen wie Notstandsrechte gegen KI oder der Besonderheit von individueller Verantwortung im Zivilrecht und im öffentlichen sowie Strafrecht und stellte einen gelungenen Abschluss der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ für das Jahr 2019 dar.

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